Gesichertes Vermögen, gesichertes Einkommen, gesicherter Lebensstandard. Und plötzlich ist alles anders. Wenn wir durch einen Unfall oder eine Krankheit im Beruf ausfallen, kann das unsere Existenz schneller als vermutet bedrohen – ob in jungen Jahren oder später. Berufsunfähigkeit trifft statistisch gesehen etwa jeden Vierten im Laufe seines Arbeitslebens.
Vielleicht kennen Sie die Meinung: „Wir arbeiten im Büro; dass wir berufsunfähig werden, ist doch eher unwahrscheinlich.“ Richtig daran ist, dass sich die Arbeitswelt mit der Digitalisierung mehr und mehr in Büros verlagert hat. Waren es vor nicht mal 10 Jahren nur etwas über 50 Prozent, arbeiten inzwischen gut 70 Prozent aller Beschäftigten zumindest zeitweise an einem Büroarbeitsplatz.* Falsch wäre jedoch die Annahme, dass wir deswegen vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen geschützt sind. Die Gründe für eine Berufsunfähigkeit haben sich – wie die Arbeitswelt – verändert. Häufigste Ursachen sind heute psychische Erkrankungen wie Burn-out oder Depression, gefolgt von Erkrankungen des Bewegungsapparats und Krebs. „Eine andere ernstzunehmende Tatsache ist, dass eine Berufsunfähigkeit auch junge Menschen treffen kann. Statistisch gesehen werden rund 40 Prozent der 20- bis 30-Jährigen bis zum Rentenbeginn einmal berufsunfähig, weil Körper und/oder Psyche erkranken; etwa 35 Prozent sind es bei den 40- bis 50-Jährigen. Doch gerade bei jungen Menschen sind Gedanken an Krankheit und Alter weit entfernt. Für sie geht es erst mal um private und berufliche Pläne, um Träume für die Zukunft“, erklärt Klaus Kalteier, Leiter Private Banking Region Limburg, und ergänzt: „Doch was, wenn die gerade aufgebaute Grundlage – ihre Arbeitskraft – wegbricht? Gehört die eigene Arbeitskraft nicht zu den Existenzgrundlagen für das gesamte Leben?“
Über die Existenzabsicherung mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung im Allgemeinen und warum sie auch für junge Leute wichtig ist, haben wir mit Christoph Baum, Versicherungsexperte bei der Naspa, gesprochen.
Herr Baum, eine private Berufsunfähigkeitsabsicherung – warum? Ich bin doch im schlimmsten Fall gesetzlich abgesichert!
Schauen wir uns die gesetzliche Absicherung an: Die Erwerbsminderungsrente ist an die gesetzliche Rentenversicherung gekoppelt. Als Studierender oder Berufsanfänger haben Sie in der Regel noch keine oder zu wenige Jahre Pflichtbeiträge eingezahlt und hätten damit auch keinen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente, sollte Sie eine Berufsunfähigkeit treffen. Und selbst wenn Sie mehrere Jahre gearbeitet haben, steht Ihnen nur ein geringer Teil Ihres Nettoeinkommens zu. Durchschnittlich sind das rund 850 Euro.** Würde Ihnen das reichen?
Mir, wie wahrscheinlich den meisten, eher nicht.
Entscheidend, ob Sie die gesetzliche Leistung bekommen, ist auch, ob Sie dem Arbeitsmarkt noch zu Verfügung stehen könnten. Egal mit welcher Tätigkeit, egal, was Sie vorher gemacht haben. Erst wenn Sie weniger als drei Stunden arbeiten können, haben Sie Anspruch auf die volle gesetzliche Erwerbsminderungsrente. Deshalb ist eine private Berufsunfähigkeitsversicherung – kurz BU – enorm wichtig. Man könnte sagen, neben der privaten Haftpflicht ist die BU die zweitwichtigste Grundabsicherung; im Arbeitsleben wohl die wichtigste. Das sage ich nicht nur als Versicherungsexperte, das empfehlen auch Verbraucherschützer.
Und was leistet die BU?
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist ein Liquiditätsersatz, wenn Sie wegen eines Unfalls oder einer Krankheit Ihren Beruf nicht mehr ausüben können. Sie greift, wenn Sie zu 50 Prozent in Ihrem Job ausfallen, unabhängig davon, ob Sie eine andere Tätigkeit übernehmen könnten. Entscheidend ist Ihre aktuelle Tätigkeit. Tritt dieser Fall ein, zahlt der Versicherer eine vorab vereinbarte monatliche Rente aus.
Wie sieht das in der Praxis aus? Erläutern Sie uns das bitte anhand eines Beispiels.
Nehmen wir eine junge Familie, die Eltern sind Mitte 30, beide Juristen. Die Frau ist mit dem ersten Kind in Elternzeit, Hauptverdiener ist der Mann. Die Familie lebt im geerbten Haus der Großtante im Taunus. Der aufwändige Umbau des Hauses läuft über eine Finanzierung der Hausbank. Ein Burn-out wirft den Familienvater plötzlich aus dem Job, das monatliche Einkommen fällt weg. Die monatlichen Kosten bleiben. Die Finanzierung muss weiterlaufen, die Nebenkosten müssen gezahlt, der Lebensstandard will gehalten und nicht zuletzt soll jeder zusätzliche Stress vermieden werden. Wurde eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen, greift diese und der Versicherer zahlt die vereinbarte monatliche BU-Rente aus. Die Kosten können gedeckt werden.
Ab wann, würden Sie sagen, ist es sinnvoll, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen?
Sinnvoll ist dies bereits mit etwa 16 Jahren. Generell gilt die Devise: je früher, desto besser. Das hat zwei Gründe. Erstens sind die Beiträge für eine BU-Versicherung umso niedriger, je jünger man einsteigt. Zweitens ist der Gesundheitszustand in jungen Jahren meist wenig bis gar nicht vorbelastet. Wer früh eine BU abschließt, profitiert davon, dass in der Regel keine erneute Gesundheitsprüfung gemacht werden muss, wenn beispielsweise im Laufe der Berufsjahre das Gehalt steigt oder aufgrund Heirat, Geburt oder dem Kauf einer selbstgenutzten Immobilie die Versicherungsleistung anpassen lassen möchte.
Gerade als junger Mensch beschäftigt man sich nicht so gerne mit Krankheiten, die kommen können, oder gar einer Berufsunfähigkeit, die den Job, in dem man noch nicht mal angekommen ist, gefährden. Kann ich als Elternteil, Tante oder Großeltern eine BU für meinen Sprössling abschließen?
Das ist sogar eine gute Idee! Statt eines Sparbuchs, das Sie für Ihr Kind, Ihren Enkel oder Ihre Nichte anlegen möchten, kann eine Berufsunfähigkeitsversicherung in der andauernden Niedrigzinsphase eine interessante Alternative beziehungsweise Ergänzung zur finanziellen Absicherung sein.
Studierende habe ja noch kein festes Einkommen. Ist es denn überhaupt sinnvoll, in dieser Zeit eine BU abzuschließen?
Durchaus! Studierende können sogar eine monatliche BU-Rente bis zu 1.500 Euro abschließen. Wie schon erwähnt, sprächen seltene bis keine Vorerkrankungen und die niedrigen Beiträge dafür. Möchte er oder sie, sagen wir mit 30 Jahren, aufstocken, braucht es keine erneute gesundheitliche Prüfung. Schließt er oder sie erst mit 30 eine BU ab, ist der Beitrag wesentlich höher als der, den er oder sie sich mit Anfang oder Mitte 20 über die Laufzeit gesichert hat. Zudem kann eine BU ein gutes Fundament für die Existenzabsicherung sein, wenn es später um die Familienplanung geht und/oder die Finanzierung einer Immobilie.
Laut dem Statistik-Portal „Statista“*** sind von etwa 45 Millionen Berufstätigen nicht einmal 15 Millionen im Falle einer Berufsunfähigkeit abgesichert. Das sind etwa 30 Prozent. Das ist wenig! In dem Zusammenhang: Lohnt sich eine BU noch, wenn ich schon Ende 40 bin? Schießt der Beitrag dann nicht durch die Decke?
Man kann natürlich die Wette abschließen, dass es einem bis zur Rente gesundheitlich gut geht. Wenn statistisch gesehen jeder Vierte mindestens einmal in seinem Leben berufsunfähig erkrankt, lässt sich die Wahrscheinlichkeit recht gut ausrechnen. Zu Ihrer Frage: Ja, im Prinzip lohnt es sich immer. Natürlich sind die Beiträge mit fortgeschrittenem Alter entsprechend höher. In der Regel schließt man eine BU bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter ab. Wichtig bleibt die finanzielle beziehungsweise existenzielle Absicherung, die eine BU abdeckt. Bin ich, ist die Familie, ist das Eigenheim, sind die laufenden Kosten im Falle einer Berufsunfähigkeit abgesichert?
Worauf sollte ich beim Abschluss einer BU achten?
Es sollte nicht allein der Preis entscheidend sein, sondern ein leistungsstarker Tarif, der zu den eigenen Vorstellungen und der Lebenssituation passt. Achten Sie auch auf den Ausschluss der abstrakten Verweisung. Ist sie nicht ausgeschlossen, muss der Versicherer keine Berufsunfähigkeitsrente zahlen – solange Sie auch nur theoretisch aufgrund Ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten einen anderen Beruf ausüben können, der Ihrer Lebensstellung entspricht. Lassen Sie daher auch Ihre Alt-Verträge regelmäßig prüfen – so bleiben Sie immer auf dem aktuellen Stand.
Berücksichtigen Sie bei der festzulegenden monatlichen BU-Rente eventuelle weitere Einkünfte, wie zum Beispiel aus Vermietungen oder Verpachtungen. Dem gegenüber stehen die Kosten, die im Falle einer Berufsunfähigkeit weiterlaufen müssen. Ausgewählte Versicherungsgesellschaften bieten sogar die Möglichkeit an, die Berufsunfähigkeitsvorsorge mit einem gewissen Pflegefallschutz zu kombinieren. Nicht zuletzt sollte man auf einen finanzkräftigen, etablierten Versicherer achten.
Vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen!
Wünschen Sie eine persönliche Beratung, die ganz auf Ihre individuellen Bedürfnisse und Wünsche zugeschnitten ist? Möchten Sie Ihren Kindern, Neffen, Nichten oder Enkelkindern den Weg in eine sorgenfreie finanzielle Zukunft ebnen? Dann sprechen Sie jederzeit Ihren Private Banking-Berater an. Zusammen mit Ihnen und unserem Naspa-Vorsorgespezialisten werden wir gemeinsam einen passgenauen Lösungsweg herausarbeiten, damit Sie und Ihre Familie im Falle einer Berufsunfähigkeit optimal abgesichert sind.
*Industrieverband Büro und Arbeitswelt (IAB): Studie 2019/20 „Die Entwicklung der Büroarbeit“; Abruf 01/2022 (iba.online)
** Statistik der Deutschen Rentenversicherung:„Erwerbsminderungsrenten im Zeitablauf 2021“; Abruf 01/2022 (deutsche-rentenversicherung.de)
*** https://de.statista.com/statistik/daten/studie/250108/umfrage/personen-mit-berufsunfaehigkeitsversicherung; Abruf 01/2022
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Foto: Philip Steury/adobestock.com
04.02.2022
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