Innovation bei pflanzlichen Arzneimitteln
Unser Kunde Engelhard Arzneimittel ist ein traditionsreiches, familiengeführtes Pharmaunternehmen mit Sitz in Niederdorfelden bei Frankfurt am Main. Seit seiner Gründung im Jahr 1872 hat sich Engelhard auf die Entwicklung, Herstellung und den Vertrieb von freiverkäuflichen Arzneimitteln und Gesundheitsprodukten spezialisiert. Das Unternehmen ist vor allem für beliebte Markenprodukte wie Prospan, ein pflanzliches Hustenarzneimittel, und die isla-Pastillen zur Linderung von Halsbeschwerden bekannt. Engelhard hat sich sowohl auf dem deutschen Markt als auch international einen Namen gemacht und liefert Gesundheitsmarken insbesondere für Atemwegs-, Haut- und Magen-Darm-Erkrankungen in mehr als 100 Länder weltweit.
Herr Engelhard, was reizt Sie besonders bei der Leitung Ihres Unternehmens: Sind es eher die betriebswirtschaftlichen oder die pharmazeutischen Aspekte?
Tatsächlich ist es eine Kombination aus beidem. Was gibt es Schöneres – und ich finde auch Wichtigeres – als sich um die Gesundheit der Menschen zu kümmern? Zudem sind mein Bruder und ich von Kindheit an in das Unternehmen hineingewachsen. Insofern ist die Weiterentwicklung des Unternehmens ebenfalls sehr wichtig für uns. Schließlich geht darum, das Unternehmen an sich verändernde Gegebenheiten anzupassen und für die Zukunft bereit zu machen.
Was macht denn für Sie ein gutes Medikament aus?
Auf jeden Fall, dass es – auch für den Patienten – spürbar wirkt. Da wir auch Arzneimittel für sensible Patientengruppe wie Säuglinge oder Senioren im Portfolio haben, ist für uns zudem das Nutzen-Risiko-Verhältnis sehr wichtig. Das bedeutet, dass Medikamente wirksam und dabei gleichzeitig sehr gut verträglich sein sollten.
Vor welchen praktischen Herausforderungen stehen Sie denn, wenn Sie pflanzliche Medikamente entwickeln bzw. weiterentwickeln?
Gerade bei einem Vielstoffgemisch wie etwa Prospan gibt es ganz unterschiedliche Anforderungen. Nehmen wir z.B. den ursprünglichen Geschmack des Wirkstoffes: Hier ist es uns gelungen, aus einer eher „bitteren Medizin“ etwas wohlschmeckendes zu entwickeln – gerade in der Form des Hustensaftes, der sich bereits für die kleinsten Patienten eignet. Das Thema Compliance ist extrem wichtig, wenn es um die Einnahme von Arzneimitteln geht – insbesondere im OTC-Bereich und vor allem dann, wenn es um Kinder geht. Ich erinnere mich an meine Kindheit, da war der Hustensaft noch bitter. In den 90er Jahren haben mein Vater und mein Onkel dann intensiv am Geschmack gearbeitet – und seitdem schmeckt er viel besser.
Im OTC Bereich sind wir eines der wenigen Unternehmen, das auch für zugelassene und bewährte Präparate intensive Forschung betreibt. Denn wir sind interessiert daran, die Präparate stetig weiterzuentwickeln. Dieser Aspekt ist vielleicht auch bei pflanzlichen Präparaten eine Besonderheit. Denn hier gibt es keinen Mono-Wirkstoff, den man einmal erforscht und damit von A bis Z kennt. Ein pflanzliches Arzneimittel ist ein Vielstoffgemisch, bei dem viele einzelne Substanzen synergetisch miteinander wirken. Insofern macht es Sinn, diese weiter zu erforschen und genau herauszufinden, was die Stellschrauben für beispielsweise Anbau, Herstellung oder auch Indikationserweiterungen sind.
In der Pharmabranche ist Innovation ja zentral, gleichzeitig aber oft sehr kapitalintensiv. Wie können Sie als mittelständischer Betrieb erfolgreich Innovation betreiben?
Ich denke, Hauptvoraussetzung für Innovationen sind die passenden Rahmenbedingungen. Doch nicht nur das Setting muss passen, sondern auch das Mindset. Hier haben wir als Geschäftsleitung eine große Rolle und Verantwortung. Wichtig sind agile Teams, die sehr viel selbst steuern und in der Lage sind, gemeinsam an kniffligen Lösungen zu arbeiten und schnell zu reagieren. Das kann einen Unterschied machen, zumal wir als Mittelständler nicht annähernd so große Budgets wie globale Konzerne haben. Trotzdem merken wir sehr häufig, dass wir mit guten Ideen zum gleichen Ziel kommen.
Das zeigt auch, wie vielschichtig die Erfolgsfaktoren für ein Unternehmen unserer Größe sind. Auf jeden Fall ist diese sehr enge Zusammenarbeit einer davon, diese Vernetzung, aber auch das Commitment innerhalb der Belegschaft. Wir haben viele langjährige MitarbeiterInnen und feiern ganz häufig 10-jährige, aber auch 25-jährige Jubiläen. Darin zeigt sich eine fast familiäre Verbindung zum Unternehmen.
Wie wichtig ist es für Ihren Erfolg, dass Sie nah am Markt – also in Ihrem Fall nah an Ärzten, Apothekern und Anwendern – sind?
Die Apothekerin und Apotheker schätzen die mittelständisch geführte pharmazeutische Industrie sehr. Hier gibt es eine gewisse Nähe, ein sehr, sehr gutes Miteinander und auch Anerkennung füreinander. Das ist auch nicht verwunderlich, schließlich sind wir 1872 selbst aus einer Apotheke heraus entstanden. Das werden wir nicht müde zu erwähnen, zumal es uns wichtig ist, im Gespräch zu bleiben und die Herausforderungen dieser Zielgruppe zu sehen und zu verstehen – sowie auch immer mehr über die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten zu erfahren.
Arzneimittel waren ja in den vergangenen Jahren ein vieldiskutiertes Beispiel für die Bedeutung einer lokalen Produktion vor Ort, weil wichtige Wirkstoffe gefehlt haben oder auch immer noch fehlen. Wie blicken Sie auf die Standortfrage?
Ich persönlich finde, dass Made in Germany für Arzneimittel ein wichtiges Kriterium ist. Vor allem, weil man so die Qualität sicherstellen kann. Deswegen produzieren wir all unsere Arzneimittel am Standort und bleiben damit Deutschland treu. Das tun wir nicht nur aus Leidenschaft und Überzeugung, sondern weil es die Liefersicherheit, auf die wir angewiesen sind, ganz entscheidend mit beeinflusst. Das haben wir gerade in den letzten Jahren intensiv gespürt – so wie auch heute noch. Denn es fehlen im Land weiterhin ganz alltägliche Arzneimittel, etwa Fieberpräparate oder Antibiotika. Die Kunst dabei wird es sein, die Industrie dafür zu gewinnen, die Produktion solcher Arzneimittel wieder zurück ins Land zu holen. Und das muss eine bewusste Entscheidung sein – gewollt von der EU bzw. Deutschland.
Welche Anstrengung ist nötig, um die Produktion von solchen Wirkstoffen wieder nach Deutschland zu holen?
Die Herstellung der Fieberpräparate und Antibiotika ist hauptsächlich nach China und Indien abgewandert. Das wieder zurück nach Deutschland oder auch in die EU zu holen, wird mit einer sehr großen Kraftanstrengung einhergehen. Wir sprechen hier sicherlich von hunderten Millionen Euro, die investiert werden müssen. Zudem brauchen wir das Know-How, von dem ich allerdings denke, dass es in Deutschland noch vorhanden ist. Vor allem braucht es aber auch das Commitment, wieder in den deutschen Standort zu investieren.
Grundsätzlich muss man sagen, dass es schwer ist, einen Industriezweig, der einmal das Land verlassen hat, wieder zurück zu holen. Dem müssen wir uns auch mit Blick auf die chemische Industrie bewusst sein – erste Grundstoffe werden bereits nicht mehr in Deutschland hergestellt, hier hat eine graduelle Abwanderung bereits begonnen. Dem entschieden entgegenzutreten, bedarf einer gemeinsamen Kraftanstrengung. Die Rahmenbedingungen dafür müssen von der Politik gesteckt werden.
Und nach vorne geschaut: Was muss passieren, damit wir uns in Zukunft nicht wieder dem Risiko von Lieferengpässen aussetzen?
Wir haben als pharmazeutische Industrie mit unseren Verbänden immer wieder darauf hingewiesen, dass der Bogen überspannt ist. Leider hat man erst reagiert, als man gesehen hat, dass die Präparate wirklich nicht mehr verfügbar sind. Und selbst in diesem Moment schaute man zuerst auf die pharmazeutische Industrie – mit der Frage: Warum stellt ihr das nicht mehr her? Habt ihr keine Lust mehr drauf? Mittlerweile ist das Verständnis für diese Problematik vorhanden. Das ist schon mal eine gute Basis für eine Veränderung. Damit so etwas jedoch nicht noch einmal passiert, muss die Politik zukünftig früher reagieren.
Für Sie als Unternehmen stellt sich ja die gleiche Frage in der eigenen Lieferkette: Wie stellt sich das für Sie dar?
Die Lieferketten-Thematik ist immer noch spannend für uns. Denn auch wenn vieles wieder in Routine übergegangen ist, geschehen immer auch unerwartete Dinge, die letztendlich auch die Herstellung negativ beeinflussen können. Wir arbeiten z.B. mit einem Hersteller für einen ganz gängigen Hilfsstoff zusammen, der im vergangenen Jahr auf aufgrund der Dürre nicht mehr produzieren konnte. Auf solche Einschränkungen müssen wir uns vermehrt einstellen und als Rahmenbedingungen im Blick haben, womit das Thema Risikomanagement an Wichtigkeit gewinnt. Dazu gehört, dass wir konstant im engen Austausch mit unseren Lieferanten stehen und gemeinsam schauen, wo Herausforderungen liegen könnten. In Frankreich sind das beispielsweise Streiks, anderorts sprechen wir von generellen politischen Problemen, in vielen Ländern muss man eher Naturereignisse im Blick haben. Um hier den Risiken entgegentreten zu können, arbeiten wir – wie viele andere in der Industrie auch – mittlerweile mit Zweit- oder Drittlieferanten. Man schaut sich Lieferwege noch genauer als früher an und setzt, wann immer möglich, noch mehr auf Regionalität.
Das Unternehmen Engelhard entstand 1826 aus einer Apotheke in Frankfurt am Main. Apotheker Karl Philipp Engelhard entwickelte die Rezeptur für Halsschmerztabletten, die heute unter dem Markennamen isla verkauft werden. Heute ist der Unternehmenssitz in Niederdorfelden, in einem modernen Verwaltungs- und Produktionsgebäude.
Beim “Pick-and-Place-Verfahren“ werden Sticks mit flüssigem Hustensaft von Roboterarmen vom Band aufgenommen und in Faltschachteln gesteckt. Diese Arbeit war früher ein händischer Prozess.
Der Hustensaft Prospan wird in Niederdorfelden produziert und abgefüllt und in mehr als 100 Ländern verkauft. Engelhard forscht kontinuierlich weiter an den pflanzlichen Wirkstoffen.
Bis zu 500 Blister laufen bei Engelhard pro Minute aus der Maschine. Engelhard gehört zu den führenden Herstellern von frei verkäuflichen Arzneimitteln, im so genannten „over the counter“ (OTC) Markt.
Wir, als Ihre Sparkasse, verwenden Cookies, die unbedingt erforderlich sind, um Ihnen unsere Website zur Verfügung zu stellen. Wenn Sie Ihre Zustimmung erteilen, verwenden wir zusätzliche Cookies, um zum Zwecke der Statistik (z.B. Reichweitenmessung) und des Marketings (wie z.B. Anzeige personalisierter Inhalte) Informationen zu Ihrer Nutzung unserer Website zu verarbeiten. Hierzu erhalten wir teilweise von Google weitere Daten. Weiterhin ordnen wir Besucher über Cookies bestimmten Zielgruppen zu und übermitteln diese für Werbekampagnen an Google. Detaillierte Informationen zu diesen Cookies finden Sie in unserer Erklärung zum Datenschutz. Ihre Zustimmung ist freiwillig und für die Nutzung der Website nicht notwendig. Durch Klick auf „Einstellungen anpassen“, können Sie im Einzelnen bestimmen, welche zusätzlichen Cookies wir auf der Grundlage Ihrer Zustimmung verwenden dürfen. Sie können auch allen zusätzlichen Cookies gleichzeitig zustimmen, indem Sie auf “Zustimmen“ klicken. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit über den Link „Cookie-Einstellungen anpassen“ unten auf jeder Seite widerrufen oder Ihre Cookie-Einstellungen dort ändern. Klicken Sie auf „Ablehnen“, werden keine zusätzlichen Cookies gesetzt.