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Ein Blick auf Versorgungswerke: Wie können Freiberuflerinnen und Freiberufler ihre Zukunft und Familie finanziell absichern?

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Berufsständische Versorgungswerke – steigende Lebenserwartung, niedrige Geburtenraten und wirtschaftliche Unsicherheiten bringen das traditionelle Modell der Altersvorsorge in den freien Berufen ins Wanken. In diesem Dossier analysieren wir, ob die klassische Altersvorsorge für die freien Berufe noch tragfähig ist, und beleuchten, wie eine flexible und zukunftssichere Finanzplanung aussehen könnte, um den gewohnten Lebensstandard im Alter zu sichern.

Ärzte, Architekten, Anwälte, Notare oder Wirtschaftsprüfer usw.* – die Pflichtversorgung der freien Berufe über die Versorgungswerke gilt als solide Grundversorgung für Alter, Hinterbliebene und Berufsunfähigkeit. Trotz der höheren Rentenzahlung im Vergleich zur gesetzlichen Rentenversicherung ist das Auszahlungsniveau der Rente nicht garantiert. Die Höhe der Rente der Versorgungswerke hängt von der Mitgliederentwicklung und den gewählten Kapitalanlagen ab. Leistungen und Rentenhöhe können darüber hinaus von Versorgungswerk zu Versorgungswerk unterschiedlich sein, da diese selbstständig vom jeweiligen Versorgungswerk definiert werden können. „Deshalb sollten sich Freiberuflerinnen und Freiberufler nicht ausschließlich auf das Versorgungswerk verlassen, sondern zusätzlich privat vorsorgen, um auch im Alter den gewohnten Lebensstandard halten zu können“, rät Nicola Vogt, Leiterin Private Banking Heil- und freie Berufe.

Das Prinzip der Versorgungswerke

Die berufsständische Versorgung ist Teil des deutschen Altersvorsorgesystems – auch 3-Schichten-Modell genannt (früher 3-Säulen). Neben der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung bildet die berufsständische Versorgung und die Basisrente (Rürup-Rente) gleichberechtigt die erste Schicht der Alterssicherung. Die betriebliche Altersversorgung bildet mit der Riester-Rente die zweite Schicht, die zusätzliche Altersvorsorge in Form von privaten Rentenversicherungen, Lebensversicherungen oder auch anderen Geldanlagen zum Beispiel in Wertpapiere, die zur Altersvorsorge genutzt werden können, finden sich in der dritten Schicht wieder.

Im Gegensatz zur gesetzlichen Rentenversicherung, die auf Bundesebene organisiert wird und dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes folgt, basieren die berufsständischen Versorgungswerke auf landesgesetzlicher Rechtsgrundlage. Sie werden in Selbstverwaltung betrieben und finanzieren ihre Leistungen ausschließlich aus den Beiträgen ihrer Mitglieder, die sie als Rücklagen kapitalbildend am Finanzmarkt anlegen. Anders als bei der gesetzlichen Rentenversicherung arbeiten die Versorgungswerke nicht nach dem Umlageverfahren, sondern nach dem Prinzip der kapitalbildenden Finanzierung. Das bedeutet, dass jede Generation für ihre eigene Altersvorsorge sorgt.

Herausforderungen der berufsständischen Versorgungswerke

Trotz der Tatsache, dass die Rentenbezüge der Versorgungswerke meist höher sind als die durchschnittliche Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, sollten ein paar Faktoren berücksichtigt werden, gerade, wenn man sich alleinig auf diese Art der Versorgung verlassen will. „Beispielsweise ist es sehr wahrscheinlich, dass die Renten nicht mit den Gehaltsentwicklungen Schritt halten werden, was schließlich zu einer Diskrepanz zwischen dem Wunsch, den gewohnten Lebensstandard beizubehalten, und den tatsächlichen Rentenhöhen kommen kann“, gibt Nicola Vogt zu bedenken. Auch die Inflation kann die Rentenleistungen durch den Verlust an Kaufkraft mindern. Steuerliche Belastungen in Zusammenhang mit Renteneinkünften können ebenfalls Auswirkungen auf die tatsächliche Rentenhöhe haben.

Ein weiterer nicht zu unterschätzender Faktor ist der demografische Wandel – längst ist klar: Die steigende Lebenserwartung und die sinkende Geburtenrate führen zu einer älteren Bevölkerung und einem geringeren Anteil Erwerbstätiger. Dies erschwert die Finanzierung der Rentensysteme. Zudem können die demografischen Veränderungen mittelfristig auch indirekte Auswirkungen auf die finanzielle Stabilität der berufsständischen Versorgungswerke haben. Es besteht die reale Gefahr, dass die Rentenhöhe in der Zukunft nicht mehr den heutigen Standards entspricht. Bis vor 20 Jahren galt noch die Regel, dass man etwa 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens für eine ausreichende Altersvorsorge benötigt. Inzwischen ist sie längst überholt: Der Bedarf liegt heute bei 80 bis 90 Prozent – zukünftig vermutlich bei 100 Prozent – des letzten Nettoeinkommens.

„Ändert sich das Rentensystem oder verschlechtern sich die demografischen und wirtschaftlichen Bedingungen, sind es vor allem die jüngeren Beitragszahler, die benachteiligt werden. Denn sie zahlen über einen längeren Zeitraum Beiträge, erhalten möglicherweise weniger Rentenleistungen“, erklärt Christoph Baum, Versicherungsexperte der Naspa. Ein weiterer Aspekt: Versorgungswerke priorisieren in der Regel Sicherheit gegenüber Rendite und haben in den vergangenen Jahren in festverzinsliche Produkte investiert, welche gerade in den Niedrigzinsphasen weniger ertragreich waren als risikobewusstere Anlageformen. Dass die jüngere Generation der Ärzte, Anwälte und anderen freien Beruf nach Vorsorgesparplänen mit potenziell höheren Renditechancen fragen, ist nicht verwunderlich.

Beruf, Familie, Vorsorge: Ein Beispiel aus dem Alltag

Phillip K., Zahnarzt, 39 Jahre, hat vor einem halben Jahr die Praxis seines Vaters übernommen. Seine Frau Nadja, Kieferorthopädin, in einem medizinischen Versorgungszentrum (MVZ), ist seit kurzem im Mutterschutz und plant mit dem zweiten Kind mindestens zwei Jahre in Elternzeit zu gehen. Das Ärzte-Paar ist bei der Hessischen Zahnärzte-Versorgung pflichtversichert – Phillip K. als selbstständiger Zahnarzt, Nadja K. als angestellte Zahnärztin. Um die Rentenleistung später zu erhöhen, zahlt Phillip K. neben dem Pflichtbeitrag einen zusätzlichen Beitrag an das Versorgungswerk. Die Kindererziehungszeit wird Nadja K. bei der gesetzlichen Rentenversicherung anmelden. Da diese Zeiten von den Versorgungswerken jedoch nicht berücksichtigt werden, entschließt sie sich den Mindestbeitrag dort freiwillig einzuzahlen.

Angesichts dieser neuen Situation möchte Phillip K. seine finanzielle und vor allem seine Vorsorgeplanung zeitnah überprüfen lassen. Passt sein bestehendes Vorsorgemodell zur neuen beruflichen und familiären Situation? Gibt es Optimierungspotenziale und wenn ja, welche? Vor allem: Ist meine Familie gut abgesichert, sollte mir etwas zustoßen? Bin ich im Falle einer Berufsunfähigkeit so gut abgesichert, dass wir unseren Lebensstandard halten können?

Netto-Renten-Analyse und mögliche Lösungsansätze

„Mit unserer Netto-Renten-Analyse ermitteln wir anhand der aktuellen Einkommenssituation zunächst den zu erwartenden realen Rentenbetrag. Dann sehen wir uns den realen Liquiditätsbedarf an, der im Alter benötigt wird, um den Lebensstandard zu erhalten – bereinigt um Steuern, Sozialabgaben und inflationäre Tendenzen“, erklärt Christoph Baum und fügt an: „Mit dieser Basis – inklusive der möglicherweise identifizierten Versorgungslücke – und den persönlichen Wünschen des Liquiditätsbedarfs, können wir im nächsten Schritt in die individuelle Altersvorsorge-Planung gehen.“

Die Netto-Renten-Analyse und mögliche Vorsorge-Lösungen für den Zahnarzt Phillip K. sind im Folgenden kurz dargestellt. Generell berücksichtigt eine sorgfältige Ruhestandsplanung viele maßgebende Punkte – insbesondere zur individuellen Lebenssituation sowie die persönlichen Wünsche und Pläne.

Innerhalb der Analyse wurden zusammen mit Phillip K. verschiedene Szenarien durchgespielt: Wie hoch wäre die Rentenleistung bei Zahlung des Pflichtbeitrags und eines hälftigen freiwilligen Beitrags in das Versorgungswerk unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklung? Was stünde zur Verfügung, wenn der maximale Beitrag gezahlt wird? Hier stellte sich nach eingehenden Recherchen und Rückfragen u. a. beim Versorgungswerk heraus, dass keine Steigerungen der Rentenleistung zu erwarten sind. Was bzw. wann wird im Falle einer Berufsunfähigkeit (BU) gezahlt? Prinzipiell erbringen Versorgungswerke nur bei 100-prozentiger Berufsunfähigkeit Leistungen. Um den Lebensstandard zu halten, wird die BU allein über das Versorgungswerk also unzureichend sein.

Im Vergleich zur Rentenleistung der Zahnärzte-Versorgung wurde anknüpfend der Mehrwert einer Basisrente (Rürup-Rente) und einer Privatrente (zusätzliche private Altersvorsorge oder dritte Schicht der Altersabsicherung) gegengerechnet. Der steuerliche Effekt einer Basisrente würde sich nicht von den freiwilligen Beiträgen, die Phillip K. monatlich an das Versorgungswerk leistet, unterscheiden. Bei der Basisrente kann er jedoch selbst entscheiden, wie investiert werden soll – je nach Risikoneigung und Laufzeitenhorizont kann er seine Anlagestruktur selbst wählen. Seit dem Jahr 2023 werden 100 Prozent der Beiträge zur Basisrente bis zum Höchstbeitrag steuermindernd berücksichtigt.

Für die Absicherung der Familie kann die private Vorsorge ein interessanter Baustein sein: Für Phillip K. beispielsweise mit voller Flexibilität während der gesamten Laufzeit. So könnte er bei Bedarf jederzeit Geld entnehmen. Sollte ihm etwas zustoßen, wäre darüber hinaus die Familie abgesichert. „Die Zinserträge und Überschussanteile sind während der Laufzeit abgeltungssteuerfrei. Und: Bei einer späteren Verrentung des Kapitals wird lediglich der sogenannte Ertragsteil besteuert. Bei Ausübung des Kapitalwahlrechts bleibt die Hälfte des Ertrags steuerfrei. Das ist prinzipiell der Fall, wenn der Vertrag 12 Jahre gelaufen ist und die Auszahlung ab dem 62. Lebensjahr erfolgt (betrifft Verträge, die ab 2012 abgeschlossen wurden)“, erläutert Christoph Baum.

Nach ausführlicher Analyse, sorgsamen Beratungsgesprächen und schließlich eingehender Rücksprache mit seiner Steuerberaterin entschied sich Phillip K. für eine Basisrente mit einer zusätzlichen Berufsunfähigkeitsabsicherung und eine kapitalmarktaffine private Absicherung mit einem Garantieanteil. Die Basisrente ist für ihn übrigens nicht nur aus steuerlicher Sicht interessant, sondern er sieht sie als zusätzlichen finanziellen Puffer im Alter, um beispielsweise die Beiträge zur Krankenversicherung abfedern zu können. Um die Familie zusätzlich abzusichern, benennt er seine Frau Nadja im Todesfall als bezugsberechtigte Person und auch die Kinder werden mit einer prozentualen Aufteilung berücksichtigt.

Fazit

Finanz- und damit auch Vorsorgeplanung ist ein fortwährender Prozess. Stehen persönliche oder berufliche Veränderungen an, ist ein Check-up der Finanzen und des Vermögens unumgänglich. Darüber hinaus können regelmäßige Check-ups hilfreich sein, um ggf. auch auf marktrelevante Veränderungen reagieren zu können.

Sprechen Sie uns jederzeit an, um gemeinsam Ihre Fragen, Wünsche und Bedürfnisse sowie Ihre finanziellen Ziele in einem 360-Grad-Rundumblick zu erörtern. Mit eigens qualifizierten Private Banking-Beraterinnen und -Beratern hat sich die Naspa zudem auf die Bedürfnisse von Heil- und freien Berufen spezialisiert.

Fußnote:
* Kammerfähige freie Berufe sind: Ärzte, Apotheker, Architekten, Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater bzw. Steuerbevollmächtigte, Tierärzte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Zahnärzte, Ingenieure, Psychotherapeuten

Disclaimer: 
Die vorstehenden Angaben und die Darstellungen stellen keine Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung dar. Die Informationen sind weder ein Angebot noch eine direkte oder indirekte Empfehlung für den Erwerb oder die Veräußerung von Vermögenswerten und ersetzen nicht eine individuelle anleger- und anlagegerechte Beratung. Sie dienen ausschließlich Ihrer Information. Bei Bedarf setzen Sie sich deshalb bitte mit Ihrer zuständigen Beraterin oder Ihrem Berater in Verbindung. Die hier enthaltenen Aussagen geben unsere aktuelle Einschätzung zum Zeitpunkt der Erstellung wieder. Diese kann sich jederzeit ohne Ankündigung ändern.

Foto: Suriyo/adobestock.com

15.04.2024

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